Vor etwa einem Jahr erhielt ich eine Nachricht von Kantor Peter Schmeiß aus Zella-Mehlis, dem Leiter der dortigen Johann-Heinrich-Zang-Kantorei, dass er auf einen weiteren Hinweis gestoßen war, dass Zang ein Schüler von Johann Sebastian Bach gewesen sei. Nach verschiedenen Versuchen ist es ihm gelungen, die Quelle dieses Hinweises in der Forschungs- und Landesbibliothek in Gotha ausfindig zu machen. Im Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, 9. Band, Thüringen, herausgegeben von Dr. Hans Patze, Krämer Verlag Stuttgart((in der uns vorliegenden Ablichtung der Titelseite ist leider kein Erscheinungsjahr angegeben)), findet sich unter dem Stichwort Zella-Mehlis u.a. die folgende Nachricht:
Der 1674 in Remstädt (bei Gotha) geborene Zellaer Organist Joh. Schmidt führte Joh. Sebastian Bach mehrere Schüler zu, u.a. Georg Schübler, der in Zella Verleger und Kupferstecher von Bachs Kompositionen wurde, und Johann Zang, den Verfasser des Buches „Der vollkommene Organist“((Es muss natürlich heißen „Der vollkommene Orgelmacher“)); er war Komponist zahlreicher Kantaten und Motetten.
Obwohl wir zur Zeit der Fertigstellung dieser Mitteilungen noch nicht bis zur ersten Quelle vorgestoßen sind, werden wir aufgrund der Literaturangaben zu diesem Artikel und der noch fälligen Nachfragen beim Verlag und Verfasser dieses Buches herausfinden, woher diese Nachricht stammt.
Da uns verständlicherweise sehr daran gelegen ist, die Richtigkeit der Nachricht zu belegen, dass Zang Bachschüler war, führen wir die bisher erschlossenen Quellen hier nochmals auf:
a. Artistisch-Literarische Blätter von und für Franken, Herausg. Dr. Bartolomäus von Siebold, Würzburg, Jahrgang 1808, S. 135ff((siehe MITTEILUNGEN, 1. Folge 1986)): „Schon als siebzehnjähriger Jüngling wanderte er nach Leipzig, wo er sich unter der Anleitung des berühmten Kapellmeisters Johann Sebastian Bach, zwey Jahre lang in der Tonkunst besser ausbildete.“
In den damaligen Anmerkungen zu diesem Artikel habe ich auf den wahrscheinlichen Übertragungsfehler hingewiesen: Die Zahlen 15 und 17, etwas flüchtig geschrieben, können leicht verwechselt werden. Sicher wurde vom Drucker im Satz: „Schon als siebzehnjähriger Jüngling…“ das „15-jährig“ der Handschrift als „17-jährig“ gelesen. Nur so stimmen die weiteren Angaben.
Sämtliche uns bekannten Einträge über Zang in den seither erschienenen Musiklexika fußen auf dieser Nachricht, bzw. auf Abschriften oder Bearbeitungen von Einträgen jeweils vorher erschienener Lexika (Meusel, Gerber, Eitner) bis zum MGG (= Die Musik in Geschichte und Gegenwart).
b. Schumann, Zella-Mehlis: „Bach-Erinnerungen aus Zella-Mehlis“ in: Bach in Thüringen, Berlin 1950, S. 91((siehe MITTEILUNGEN, 1. Folge 1986)):
„Johann Peter Schübler ist nicht der einzige Bach-Schüler aus Zella-St. Blasii. Von einem Coburger Musikhistoriker P. Peters-Marquardt kam mir die Nachricht über Johann Heinrich Zang, der nach Ausweis unseres Taufbuches am 15. April 1733 in Zella St. Blasii geboren ist als Sohn des Weißgerbermeisters Johann Georg Zang. … Sein Sohn sei durch Schübler (oder durch Schmidt) zu Bach gekommen und in Leipzig sein Schüler gewesen.“
Der Informant des Verfassers, der Musikhistoriker P. Peters-Marquardt, scheint die Quelle, die auch der neu aufgefundenen Nachricht von Dr. Patze zugrunde liegt, gekannt zu haben. Wir hoffen, dass unsere Buch-Anforderungen und dann noch zu führende Briefwechsel demnächst die erhofften Bestätigungen erbringen.
Es ist für uns von großer Wichtigkeit, dass es in Zukunft nicht mehr heißt, „Zang war 1748/49 möglicherweise ein Schüler von Johann Sebastian Bach in Leipzig“((zitiert aus MGG, Kassel 1968, Bd. 14, Sp. 1004)), sondern: Zang war ein Schüler Bachs. Vielleicht hilft es dann doch, das Ansehen Zangs zu verbessern, wie es all denen geht, die sich mit der Musik Zangs eingehend beschäftigen. Das ist z. B. Anfang des Jahres geschehen, als Professor em. für Musikwissenschaft Boetticher in Göttingen durch unser Mitglied Pfr. i.R. Haeffner einige Partituren von Zang-Kantaten und einiges aus unserer Literatur zur Kenntnis erhielt. Er schreibt: „Diese Stücke [Zangs] haben Substanz und verdienen Beachtung, weil sie von der ländlichen Kirchenmusikpflege Mainfrankens Zeugnis ablegen.“ Und: „Zang war ein trefflich geschulter Musiker.“
Ludwig Ruf
Ergänzend kann erwähnt werden, dass Bernd Koska im Bach-Jahrbuch 2019, Hrsg. Peter Wollny, Leipzig 2019, auf S. 26-82 unter der Nummer A-58 Johann Heinrich Zang als Privatschüler von Johann Sebastian Bach in der Kategorie A (=„secured“, also gesichert) in den Jahren 1748/49((https://www.bach-cantatas.com/Other/Pupil-Private.htm, Abruf: 28.08.2020)) auflistet.