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(8) Vermögensaufstellung und Einkindschaftsabrede (1780)

Gemeinde-Archiv Mainstockheim Bd. BII/11 (Gerichtsbuch)

Actum Mainstockheim
den 28n. Dec: 1780.

Nachdeme des hiesig Gemeinschaftln. H. Cantoris Johann Heinrich Zang, gewesene Frau Ehe Consortin eine gebohrene Crämerin von Prichsenstatt mit Hinterlaßung eines 5. jährigen Söhnleins, allbereits für einem Jahr Todtes verfahren, und der H. Wittwer Vermög seiner häußlichen Umstände nicht länger in ohnehlichen Stande zu bleiben für räthlich angesehen, dahero mit des hiesigen Würzburgl. Unterthanan Michel Raspens ältesten Tochter Magdalena sich in ein anderweit Christliches Eheverlöbdums eingelassen, indeßen aber H. Wittwer mit seinen Prichsenstätter Freunden und resped: Schwägern, in hinsicht des dem vorhandenen Söhnlein Vorauses nicht einig werden können, so fort sich vermüßiget gesehen, um Oberdorfshersch. Untersuchung seines Vermögens und hiernach abgemeßenen Voraus=Bestimmung, geziemend zu bitten; Als hat man unter heutigem Acto damit willfahret, und nach abgenommenen Hand Gelübd uns, alles getreulich anzugeben sondersamst den

Activ: Statum((status activus = Vermögensstand))
unter Grundlage des specifice geferttigten Inventarii, folgender maßen anhero aufgenommen.

An Immobilibus

fl xr fr.((= Gulden / Kreuzer fränkisch))  
455″ —„ Mit dem Brandenburgl. Lehen Haus, incl. derer darein Verwanndten Melisrations((melioratio = Besserung eines Hauses)) Costen.

Summa per se
An Mobilibus

fl xr    
106″ —„   Betrifft die vorhandene Baarschaft
60″ —„ An ausstehenden Activ Posten
84″ —„ An Silber
12″ —„   Pretiosis
550″ —„   Weinen
140″ —„   Fäßern meistens mit Eisen gebunden
3″ —„   Gelten u: Butten Geschirr
282″ —„   Kupfer Blatten
13″ —„   Kupfer Geschirr
10″ —„   Meßing
36″ —„   Zinn
78″ —„   Eisen, worunter die Oblaten=Eisen u. Wand=Uhr befindlich
1374″ —„ Latus((latus = Seitensummierung))

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fl xr Mobilibus
9″ —„ An Bewehr
58″ —„   Schrein Zeuch
120″ —„   Betten
186″ —„   weißen Zeuch
4″ —„   Gläßern
9″ 36″   Porcellain
14″ 24″   allerhand Fahrnusen
60″ —„   Büchern
51″ —„   Musicalischen Instrumenten
21″ —„   Kupferstecher Instrumenten nebst Preß
170″ —„ An vorhandenen Vorschrifften
15″ —„   Druck und Schreib Pappier
27″ —„ An vorräthigen Oblaten
218″ —„   Weibs Kleidern
963″ —„ Latus

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fl xr Mobilibus
12″ —„   Mathematischen Instrumenten
8″ —„   Flachs
8″ —„   Holzschnitt Instrumenten
5″ —„   einem Schwein
—————————
33″ —„ Huius
  Summa
An Mobilibus
2370 fl —„
  Summarum
Gesamten Activ Vermögens
2825 fl —„
Fränkisch

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Dargegen an Passivis
zu zahlen

  fl xr
An die Bechtelsheimische Unterthanin Johann Georg Neesen Witb:
hafften auf Handschrifft
150″ –„
Auserdem aber Nichts
Pse

Diese von

2825 fl —„ Activ Vermögen mit
150 fl —„ abgezogen, bestehen
2675 „ —„ revera((re vera = in Wahrheit, wirklich))

Daran haben conferirt:

fl xrFränk    
899″ —„   Die verstorbene Frau, eine gebohrene Crämerin von
Prichsenstatt, neml.
    570 fl —„ baar Heuraths Guth
excl. 30 fl Nachst. Abzug
    144 fl —„ Gleichstellungs Sum.
    714 „ —„ Trspt((Transport = Übertrag))
899″ —„ Trspt  

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fl xr  
    714 fl –„ Transport
    123 „ –„ Mit Ausferttigung an Betten, Kleidern und
Schrein Zeuch
    62 „ –„ Vor ohngefär 2. Jahren an einer verkauften Wiese von
Prichsenstatt bezogen
Trspt 899″ –„ 899″ –„  
1580″ –„ hat der Viduus((= Witwer)) zur Zeit da derselbe ad secunda vota((= zur zweiten Ehe))
geschritten nach ebenmäsig gefertigten Inventario
de ao: 1774((= Inventar im Jahr 1774)) in Vermögen gehabt.
2479″ –„ Diese von übrigen Vermögens Bestand
  der ………………. 2675″ –„
  mit ……………….. 2479″ –„
  abgezogen waren 176″ –„
  durante matrimonio lucrizet((= während der Ehe gewonnen)) worden, so daß
von
88 fl –„ halben lucro,((= Gewinn)) und
899 „ –„ de Defuncta inferirten((= der Verstorbenen zugebrachten = Mitgift))
obspecificirten((= oben aufgegliederten)) Vermögen
987 „ –„  

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1.) Dem vorhandenen Söhnlein Johann Paul Zang dermalen 5. Jahr alt der Mütterliche Voraus zu bestimmen wäre, welcher nach Abzug des dem Vatter hieran zustehend halben Erb-Rechts, somit zur gleichen helffte 550 fl — xr fränk. beträfen, diese Vorauses Summe H. Cantor mit seinem künftigen Schwieger Vatter Michael Raspe, da die Braut auch ihr Heiraths Gut auf dem Sterbfall des Cantors wiederum zurück nimmt auf 550 fl. fränkisch vest setzet mit der weiteren Erklärung, daß so lange Er als Vatter im Leben seyn würde, Er sich verbindlich machet, seinen Söhnlein nach obhabender Pflicht die nöthige Unterweisung in Rechnung Schreiben und der Music zuertheilen, so ferne Er aber die nöthige Erziehung nicht erleben – sondern der Todt hierinnen eine Aenderung machen sollte, und des hinterbleibenden Söhnleins Prichsenstätter Anverwandte demselben eine oder die andere Profession((= Beruf)) erlernen zu lassen willens waren, dieses auf Kosten des festgesetzten Vorauses geschehen müße und keines weegs aus der Gemeinen Massa bestritten werden dörffe, bey welches Vorauses Transirung, dem Söhnlein noch weiteres 132 fl. 6 ½ xr fränkisch in salvo((= in Sicherheit)) verbleiben, welche deßen Vatter von dem Prichsenstätter Freunden nach einer übergebenen Berechnung praetendirt,((= fordert, beansprucht)) und nach seiner eigenen Willkühr statt des minderjährigen Söhnleins bey dortiger Amts Behörde zu betreiben hat, wofür man jedoch ab Seiten der Oberdorfherrschafften keine Gewährschaft zu leisten, nochweniger diesen illiquiden((= unklaren)) Ausstand mit dem richtig constituirt((= verordnet)) bleibenden Praecipuo((= Voraus)) zu vermengen gemeinet ist, überdiß die Prichsenstätter Groß Elterlichen alldorten vormundschaftl. administrirt((= verwaltet)) werdende Erbschafft gleichfalls reservirt und niemals in das Gemeine Vermögen ausgenommen der Usus Fruirung((usus fructus = Nießbrauch)) transferirt wird.
Hierauf und nachdiesem Vergleichen Mütterl. Vorauses wollen

2.) Die beede Neu Verlobten ihr ehelich Gelübd, hiernächstens durch priesterliche Copulation((= Trauung)) vor dem Angesichte Gottes bestättigen und keines das andere weder in Leid noch Freud bösl. verlassen, sondern wie Christlichen Eheleuthen geziemet, miteinander leben.

3.) Verspricht der Braut Vatter Eingangs gedachter Michael Raspe, seiner Tochter, zum wahren Heuraths Guth 1000 fl. fränkisch an baarem Geld nebst einem gerichteten Bett, so gleich nach beschrittenen Ehebett mit zu geben, welches Sponsus((= der Verlobte))

4.) mit seinem Vorbeschriebenen Vermögen dergestallt besezet, Daß woferne inner Jahr und Tagen,
    a.) Die Braut die Schuld der Natur zu erst büsen((= zuerst sterben)) sollte, der nachmalige Wittwer von dem erhaltenen Heurath Guth 300 fl. fränkisch nebst dem Ehebett sich zu gaudiren haben 700 fl. fränkisch aben deren Vatter oder Geschwistigten baar zurück zu zahlen schuldig und verbunden seyn solle, dahingegen
    b.) wo Er der Herr Bräutigam zuerst inner Jahres Frist ohne zu hoffenhabende Leibes=Erben verstürbe und seine gegenwärttige Verlobte ohne Leibes Frucht verliese, selbige von dem vorhandenen Vermögen 1300 fl. fränkisch für all- und jedes zu ihrer gänzlichen Abferttigung nebst dem zugebrachten Bett bekommet, das Söhnlein 2ter Ehe aber in dem übrigen Vermögens=Bestand verbleibet und selbiges für ein Mütterlich und Vätterliches Erb=Guth zu eigen hat.
Nach verfloßenen Jahr und Tagen aber cessiret((= entfällt))

5.) Dieser Saz und Gegensaz auf beeden Seiten, dergestalten, daß wann

6.) Der Todt eine Veränderung machen, und der gegenwärttige Bräutigam, von dieser Zeitlichkeit hinweggenehmen sollte;
So ziehet das vorhandene Söhnlein 2ter Ehe, demnach
§ Imo auf 550 fl. — xr stipulirten((= festgesetzten)) Voraus, so dann die gegenwärtige Braut und Stief Mutter, ihr erweislich eingebrachtes heurath auch übrig unter der Zeit nach Absterben deren Vatters beziehende Erb=Guth, iure seperationis((nach dem Recht der Trennung)) fordersamst hinweg, das übrige Vermögen aber wird unter die nachmalige Wittib dann das Kind 2ter und allenfals von 3ter Ehe unter Gottes Seegen erzeugt werdende Kindern Gleichheitlich vertheilet, so daß es hierbey nach dem Gemeinen Spruch Wortt heißen sollte, So viel Mund so viel Pfund. Ansonsten und

7.) Alle zum Voraus nicht abzusehen und künftig gleichwohlen zu Streit und Irrung Anlaß geben könnende Fälle, deren Oberdorfsherrschaftliche Aemtern jedesmaligen Cognitation zur Entscheidung geziemend überlaßen werden.

Weswegen dann auch diese heuraths Pacta von Oberdorfherrschaftlicher Behörde ad Protocollum registriret, und durch allerseitige Unterschriften confirmiret((= bestätigt)) und sofort dem Mainstockheimer Gerichts=Buch ingrossirt((= in großer Schrift eingetragen)) werden sollen.

Ut supra((= wie oben steht))

Daniel Schickel
Peter Franz Ludwig Kappler
F Bernardus Urozo

Concordat cum Original((= übereinstimmend mit dem Original))
Hahn

Anmerkung:

Wir können das Vermögen Zangs natürlich nicht in der heutigen Währung ausdrücken, weil uns die Vergleichsmöglichkeiten und bei den Angaben die Mengen fehlen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die angegebenen etwa 2500 Gulden einen Wert von einigen 50.000 EUR darstellen. Zang war also ein durchaus vermögender Mann.

Er besaß damals schon ein Haus in Mainstockheim. Leider wissen wir nicht welches. Er wohnte aber, wie wir später noch erfahren, weiter im Kantors- und Schulhaus. Bemerkenswert sind die Musikinstrumente, seine Kupferstecher- und Holzschnitt-Werkzeuge und -ausstattung. Wahrscheinlich 1762 hat er ja seine „Calligraphia oder Selbstlehrende Schönschreibkunst“ erstmals herausgegeben, die er selbst gestochen und sicher auch gedruckt hat. – Interessant ist weiter, dass der größte Betrag beim Wein steht mit den Fässern, Gelten und Butten fast 700 Gulden (!), einem Betrag, den wir wahrscheinlich heute mit einem Wert von um die 15.000 – 25.000 EUR schätzen müssen. Sicher hat er mit Wein gehandelt. 1790 erscheint die erste Auflage seines Buches: „Die vollkommene Büttner- oder Küferlehre“ in dem außer der Anweisung für Fassbau auch über die Behandlung und Verbesserung von Wein und über die Likör- und Essigherstellung berichtet wird. Dass sein Sohn, der Arzt Johann Paul Zang in Obereisenheim 1800 eine Repperndorfer Weinhändlerstochter heiratet ist in diesem Zusammenhang auch interessant.