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(5) 200-Jahr-Feier des Augsburger Religionsfriedens (1755)

Gemeinde-Archiv Mainstockheim, Bd. BII/12 (Ratsprotokolle)

Kurze Beschreibung
von der Feyer
des
Zweihundertjährigen Religions-Friedens-festes,
wie solches in dem dahiesigen Flecken
Maynstockheim d. 28.en Septembris lauffenden
1755er Jahres abgehalten und begangen
worden:

Das Fest wurde gleich anderen hohen Jahresfesten, tags vorhero als den 27.en 7bris [September] nachmittags um halb 1 Uhr mit allen Glocken eingeläutet, eine Beicht-Vesper gehalten, und darinnen das 19. Capit. aus dem andern Buch Mosis((2. Mose 19: In diesem Kapitel wird berichtet, wie Gott dem Mose auf dem Berg Sinai erscheint und die Gesetzgebung vorbereitet wird. Einige Kernverse (V. 4 + 5): „Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern getan habe und wie ich euch getragen habe auf Adlers Flügeln und habe euch zu mir gebracht. Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein.“)) und die darübergestellten Summarien abgelesen und dabei das Lied: Aus tieffer Not schrey ich zu dir… abgesungen.
Folgenden Tags, als am Feste selbsten wurden frühe um 7 Uhr wieder alle Glocken geläutet, und nach nochmahlig-gegebenen dreyen Zeichen, um 8 Uhr Zusammen geschlagen, nach diesen der Gottes-Dienst in der dahiesigen St. Jacobi-Kirche mit dem angestimmten Lied: Allein Gott in der Höh sey Ehr… seinen Anfang genommen, bey deßen Endigung das 5te Cap. aus dem Buch der Richter((Richter 5: Triumphlied der Debora und des Barak, das so beginnt: „Lobet den Herrn, dass Israel wieder frei ist worden und das Volk willig dazu gewesen ist. Höret zu ihr Könige und merket auf ihr Fürsten! Ich will, dem Herrn will ich singen, dem Herrn, dem Gott Israels will ich spielen.“)) vorgelesen darauf das Lied: Nun lob mein Seel den Herren… gesungen = sodann durch den der Zeit dahiesigen Cantorem HEn. Johann Heinrich Zang eine Musik aufgeführet = nach Vollbringung derselben, von des dermahlig-wohlverordneten Pfarrers, Herrn M. Johann Sebastian Wittmanns HochEhrwürd. über die Wortte: Actor: 9 V. 31((Actor (=Apostelgeschichte) 9,31: „So hatte nun die Gemeinde Frieden durch ganz Judäa und Galiläa und Samarien und baute sich und wandelte in der Furcht des Herrn und ward erfüllt mit Trost des heiligen Geistes.“)) geprediget = hierbey Exord. I pro 12. 20. Exord II. Hag: 2 V. 10((Haggai 2, 10 (alte Verszählung; jetzt V. 9): „Es soll die Herrlichkeit dieses letzten Hauses größer werden, denn des ersten gewesen ist, spricht der Herr Zebaoth; und ich will Frieden geben an diesem Ort, spricht der Herr Zebaoth.“)) genommen = in der Predigt: Der erspriesliche Besitz und Gebrauch des Friedens, und zwar 1) der Besitz, und 2) der Gebrauch vorstellig gemacht wurde; nach vollendeter Predigt, das auf dieses Fest besonders gerichtete Gebet zu Gott andächtig abgeschicket = nachhero das Abendmahl ausgespendet worden.“…

Das Folgende weiter in einer Zusammenfassung:

Nachmittagsgottesdienst um 1 Uhr
Anderntags: Fest Michaelis: 8 Uhr Gottesdienst, Predigt Ps. 87, V. 2 + 3
Nachmittags 1 Uhr: „Beth-Stunde“, Auslegung 147. Psalm.
Es folgen die regierenden Oberdorfherrschaften:
Markgraf Carl Wilhelm Friedrich zu Brandenburg mit allen Titeln
Reichsfreiherr Constantin von Mauchenheim gen. Bechtolsheim mit Titeln
Abt Hieronimus von Kloster Ebrach mit allen Titeln
die Amtskastner, Amtsverwalter
Amtmann
die 3 Schultheißen
der Gerichtsschreiber
der Rath (15 Namen)
die Gerichtsverwandten (3 Namen)
die Gericht-Procuratores (2)
die Viertelmeister (4)…

„Die sämtliche Bürgerschaft bestunde der Zeit fernerweit annach zu 189 Haußhaltungen, dann noch in Beysaßen: 22 Mann
Wie lebte Maynstockheim bisher vor andern in Seegen?
So daß man der Früchte des Glaubens im Wandel verspühret,
Man merckte den Reichtum der Früchte auf Wegen und Stegen,
Regenten, die haben das Scepter mit Frieden geführet
Drum hält es sein Jubel- und Danck-Fest mit Lust und Begier
So bLeIbe DIe Sonne Des HöChsten noCh fernerbeIJDIr!((Lat. Jahresangabe in der letzten Zeile: LIDIDCCIJDI: DDD+CC+LIIIII = 3x500 + 2x100 + 55 = 1755))

Entworfen durch
mich
Johann Martin Stephan
p.t. Raths u. Gerichtsschreiber
hierselbst.

Anmerkung:

So aufschlussreich der Bericht über diese Feierlichkeiten ist – leider erwähnt der Rats- und Gerichtsschreiber den Kantor Zang und seine möglicherweise erste Kantate nur in einem Nebensatz. Der junge Kantor war zu der Zeit knapp 22 ½ Jahre alt und noch nicht ganz drei Jahre in Mainstockheim.