§. 9. Von Windkanälen.
1.) Die Hauptkanäle müssen nach dem Umfang des Werks, ganz weit seyn, an allen Orten gut zusammengefügt, geleimt, und wenn Aeste im Holz sind, mit Leim übergossen auch wohl mit rother Erde und Leim ausgestrichen, und gut beledert werden, damit der Wind nicht durchdringen könne.
2.) Sollen die Hauptkanäle nicht zu lang seyn, mithin die Bälge nicht allzuweit von der Orgel liegen, weil der zu weit geführte Wind dennoch faul wird, und das Werk schwach tönt oder schluchzet.
Wenn eine weite Fortführung des Windes nicht((Druckfehlerberichtigung: …wenn eine weite Führung statt finden sollte…)) statt finden sollte, so müßte das Gewicht der Bälge, nach der Aerometrie und Hydrostatik, um etwas verstärkt werden, weil nach den Grundsätzen der Aerometrie die ausdehnende Kraft der Luft um zwey bis dreymal stärker wird, wenn sie um zwey bis dreymal so viel gedrückt wird. Wer eine weite Windführung für unschädlich halten sollte, der muß mit obigen Grundsätzen nicht bekannt seyn, oder keine Erfahrung haben.3.) Aus den Hauptkanälen wird der Wind durch kleinere Kanäle, in die Windladen geführt, und solte billig schon in
4.) Ein 8 füßiges Werk ein doppelter Einfall des Windes, aus dem Hauptkanal, in die Windlade geführt werden; denn wenn nur ein Kanal in die Windlade geführt wird, und dieser noch dazu zu enge und nicht in die Mitte der Lade angebracht wird; so ist dieses die größte Ursache des Schwankens oder Schluchzens bey einem Werke.
5.) In ein 16 füßiges Werk muß ohnehin ein doppelter Einfall des Windes in die Windlade gemacht werden, das geschickte Orgelmacher schon wissen, mithin in ein 8 füßiges Werk, wo nicht zwey, doch ein etwas starker Kanal in die Windlade geführt werden.
6.) Neben dem einen Kanal führt man gern den zweyten, in die Manualwindlade zu den grösten Pfeifen hin, damit neben den kleinen Pfeifen die großen Wind genug bekommen.
7.) Zum Pedal werden, bey großen Werken, öfters zwey oder mehrere Bälge allein in die Pedalwindlade geführt, damit es den 16, und 32 füßigen Pfeifen um so weniger fehle. Wenn aber dieses geschiehet, muß der Kalkant wohl unterrichtet seyn, daß er diese im Tretten nicht übersiehet; denn so ferne dieses geschähe, erhielte das Pedal gar keinen Wind, sonst ich keine((Druckfehlerberichtigung: …daher ich keine besondern Bälge für die Pedalwindlade anordnen würde, indem es sehr leicht…)) besondern Bälge für die Pedalwindlade anordnen würde, und es sehr leicht geschehen kan, daß der Kalkante hiebey einen Fehler mache.
8.) Eine Hauptprobe zu machen, ob die Kanäle groß genug, oder ob deren mehrere kleine hinlänglich genug sind, dem Manual und Pedal vollkommen Wind zu geben.
Man ziehe alle klingende Register des ganzen Werks zusammen und spiele solches, einige Minuten, ganz stokkato, mit vollen Griffen im Manual und Pedal, doch also daß die linke Hand und der linke Fuß vollstimmig in der großen Octave immer die grösten Pfeifen greift: Mit der rechten Hand aber spiele man in der ein = und zweygestrichenen Octave auch stokkato; hiebey merket man, ob die hohen Pfeifen in der zweygestrichnen Octave, und in den höhesten Pfeifen, nicht schluchzen oder schwanken? wäre dieses, so ist es ein Zeichen, daß die untersten großen Pfeifen den mehresten Wind wegnehmen, so daß es den hohen kleinen Pfeifen daran fehlt, und dadurch verrathen, daß der Wind nicht einfalle. Hieran sind die zu engen Kanäle oder die zu wenigen Einfälle des Windes mehrentheils Schuld.9.) Wenn es an den Kanälen nicht fehlt, so können die allzuniedrigen Windkästen die Schuld haben, daher man solche besehen muß, wie ich im nachfolgenden §. zeige.