§. 8. Von der Windprobe.
Wie die Windwage hiezu mit ihrem Maasstabe verfertigt wird, habe ich im §. 20. beschrieben.
Der Gebrauch derselben ist folgender:1.) Man läßt in den Hauptkanal vom Orgelmacher ein Loch bohren, das so weit ist, damit das Röhrgen, an der Windprobe mit Leder umwickelt, in das Loch hineingehe, damit kein Wind neben heraus kann; dann füllet man das Kästchen der Windprobe mit roth oder gelbgefärbten Wasser eben voll, welches durch das gerade in die Hohe stehende Röhrgen geschiehet, bis das Wasser in dem Röhrgen steht, das Röhrgen aber leer bleibt.
2.) Richtet man das Kästchen damit es horizontal oder Wasserwagrecht stehe.
3.) Steckt man die gläserne Röhre die auch mit Leder umwunden ist, in die gerade über sich stehende Röhre des Kästchens, damit weder Wind noch Wasser heraus gehen könne.
4.) Nun läßt man einen Balg ganz aufziehen, und nicht auf der Orgel spielen, man nimmt den Maasstab, der dazu gehört, stellt ihn unten auf das Kästchen, neben die Glasröhre, giebt dabey genau Acht, wie hoch das Wasser in der Glasröhre im höchsten Stande des Balges steigt, und schreibt den Grad des Standes auf, dabey man immer bemerkt, ob der Balg das Wasser in einerley Höhe des ersten Standes erhält, und ob bey dem zugehen des Balges, entweder das Wasser stehen bleibt, steigt, oder fällt, das alles schreibt man sich vom Anfang bis zum völligen zugehen des Balges auf.
5.) Hiebey ist nöthig zu wißen, daß der Wind vom höchsten Aufzuge des Balges an, bis er ganz zugehet, 30 Grade nach dem Maasstabe halten, und daß das Wasser vom Anfang bis zum Ende nicht um ½ Grad steigen oder fallen soll.
Zur Noth kan man hiebey einen Grad weniger nämlich 29 Grade, oder einen Grad mehr 31 Grade paßiren laßen, wenn es aber um 2 Grade oder noch mehr fehlte, so ist das fauler Wind, daher auch die Orgel nicht vollkommen gut klingen kan.6.) Wenn aber der Wind auf 32, 33, oder noch mehr Grade steigen sollte, so ist das ein scharfer Wind, der zwar den pfeifen nichts schadet, aber gute Bälge erfordert.
7.) Wenn der Wind, bey einem ganz ausgezogenen Balge, geringer und schwächer wird, als bey einem halbzugegangenen, so ist der Fehler, daß die unterste Blatte des Balges tiefer liegen sollte; Es kommt auf solche Art das Gewicht dem Ruhepunkt zu nahe, oder es kommt dem Zentro fast gerade ober sich zu stehen, mithin kan es seine Kraft nicht zeigen, welches man aus der Mechanik weiß.
8.) Diesem Fehler kan man abhelfen, wenn entweder die unterste Blatte hintenher tiefer gelegt wird, oder wenn nach No. 21. des 7 §. eine Feder über den Balg, oder nach den Numern 8, 9, Federn von Stahl angebracht werden können; das aber wenn die Bälge schon gemacht sind, zu spät ist, nach No. 9, zu verfahren.
9.) Bey dem mittlern Stande des Balges läßt sich urtheilen, ob das Gewichte des Balges bleiben kan, oder nicht, oder ob man Gegengewichte nöthig habe, die aber bey einem neuen Werke nicht zu dulden sind , weil sie immer einen Fehler anzeigen. In dem mittlern Stande beweißt das Gewicht seine volle Kraft.
10.) Auf eben diese Art probirt man den zweyten Balg, ob solcher auch so viel Grade am Winde hält wie der erste, und ob deßen höchster Stand bis zu Ende, nicht um ½ Grad abweicht, indem er ebenfalls seine 30 Grade, nach der Windprobe halten soll.
11.) Man probirt ferner alle noch übrige Bälge auf vorgeschriebene Art, und schreibt bey jedem den Stand, vom Anfang bis zu Ende auf, um zu sehen, ob sie einander am Winde gleich, oder verschieden sind, das nicht seyn darf, denn sie sollen gleichen Wind haben, und einander gleich gemacht werden.
12.) Nun laße man alle Bälge zugleich ausziehen und bemerke den Stand des Windes vom Anfang, Mitte und Ende, um daraus abnehmen zu können, ob das Werk genug Wind hat; ingleichen ob das Gewicht zu leicht oder zu schwer ist.
Wenn allzugroße Fehler zu Schulden kommen sollten, so muß man ihnen abhelfen, besonders ist darauf zu sehen, daß der Wind nicht zu faul sey, und etwan gar nur 25, 26, 27, 28 Grade halte. In diesem Fall, und wenn die Kanäle zu enge, oder derselben zu wenig an der Zahl wären, um den Wind aus dem Hauptkanal in die Windladen einzuführen, wodurch das Werk gleichsam nach dem Wind schnapte, so muß auch diesem Fehler abgeholfen werden, das ich in dem folgenden §. noch deutlicher erklären will.